Internationales Erbrecht (IPR) Britisch Kolumbien

Kanada

Rechtsgrundlagen

Internationale Übereinkommen und Staatsverträge

Washington Convention on International wills (1973); Haager Übereinkommen vom 1. Juli 1985 über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung.

Recht von British Kolumbien

Das internationale Erbrecht (conflict of laws) ist im Wills, Estates and Succession Act (WESA) und im common law geregelt.

Erbstatut - Nachlassspaltung

Das Internationale Privatrecht von Britisch Kolumbien (nachfolgend auch BC) unterscheidet im Hinblick auf alle Fragen, die der Rechtsnachfolge von Todes wegen zuzuordnen sind, zwischen

  • dem beweglichen Nachlass (movables) und
  • unbeweglichem Nachlass (immovables). 

Dies wird als Nachlassspaltung (scission) bezeichnet. 

Beweglicher Nachlass

Grundsatz

im Hinblick auf das bewegliche Vermögen ist das Recht des letzten Domizil (domicile) des Erblassers anzuwenden.[1]

Testierfähigkeit 

Maßgeblich ist das Recht des Domizils des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes.[2]

Materielle Wirksamkeit des Testaments 

Fragen der materiellen Wirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen (essential validity) richten sich nach dem Recht des Domizil des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes.[3] Beispiele von Fragen der materiellen Wirksamkeit sind die Verfügungsbeschränkung durch Noterbrecht, die Wirksamkeit einer Schenkung zu Gunsten eines Zeugen bei Testamentserrichtung, Unwirksamkeit wegen Zwang oder Täuschung (duress and undue influence) und die Frage, ob der Begünstigte ein Wahlrecht hat (election). 

Auslegung einer letztwilligen Verfügung

Nach den Regeln des common law  ist der wahre Wille des Erblassers zu erforschen. Nach dem common law gilt dabei ein Beweis des ersten Anscheins (prima facie evidence) das Recht des Domizils zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Bei der Errichtung eines Testaments kann das Gericht auf das Recht des Ortes anwenden, an dem der Testator zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Art. 81 WESA.

Die formelle Wirksamkeit des Testaments

Nach dem common law ist das Recht des Domizils des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes allein maßgeblich. Abweichend hiervon bestimmt 80 (1) WESA: Eine letztwillige Verfügung ist hinsichtlich ihrer Form auch dann gültig, wenn diese den Formerfordernissen entspricht

  • des Rechts des Ortes, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat,
  • des Rechts des Domizils der Erblasser,
  • des Rechts eines Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte,
  • des Rechts der Staatsangehörigkeit des Erblassers,
  • mit dem Recht von British Columbia, wenn das Testament außerhalb von BC errichtet wurde,
  • des Rechts des Ortes, an dem sich unbewegliches Vermögen befindet,
  • bei Errichtung auf einem Schiff oder Flugzeug das Recht das in Ansehung der Registrierung am engsten verbunden ist.

Formelle Wirksamkeit des Widerrufs eines Testaments 

Der Widerruf einer letztwilligen Verfügung (revocation) durch Errichtung eines Testaments (revocation by later will) richtet sich im Hinblick auf die Form nach dem auf das für die Errichtung des Testaments anzuwendende Recht, Art. 80 (3) WESA. Bei einem Widerruf durch Vernichtung  (revocation by destruction of the will) richtet sich die formelle Wirksamkeit nach den Recht, welches nach den allgemeinen Regeln anzuwenden ist. Bei einem Widerruf als Folge der Eheschließung (revocation by marriage) gilt das Recht des Domizils des Testierenden zum Zeitpunkt der Eheschließung. Beim Widerruf als Folge der Aufhebung oder Scheidung der Ehe entscheidet das Recht des Domizils der Entscheidung.

Unbeweglicher Nachlass

Nach Art. 82 (1) WESA ist bei Immobilien das Recht des Staates anzuwenden, wo die Immobilie belegen ist.

Betreffend die Form letztwilliger Verfügungen und ihres Widerrufs, die materielle Wirksamkeit eines Testaments und seine Auslegung gilt das für das bewegliche Vermögen Gesagte entsprechend.

Rück- und Weiterverweisungen

Der Verweis auf das Recht eines anderen Rechtsgebietes ist ein Verweis auf das interne Recht dieses Rechtsgebietes unter Ausschluss der Kollisionsnormen. Art. 79 Abs. 1 WESA (für Testamente).


[1] Castel, Canadian Conflict of Laws, 6th Edition, 27.2 a; Jewish National Fund v. Royal Trust Co. (1966), 53 D.L.R. (2d) 577 (S.C.C.); Senkiw v. Muzyka (1967), 65 D.L.R. (2d) 622 (Sask. Q.B.); affirmed (1969), 68 W.W.R. 515 (Sask. C.A.); affirmed (1970), 72 W.W.R. 314 (S.C.C.).

[2] Castel, Canadian Conflict of Laws, 6th Edition, 27.4 a.

[3] Castel, Canadian Conflict of Laws, 6th Edition, 27.4 f.


Veit Klinger

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