Singapur: Testamentarische Erbfolge

Singapur

Gesetzliche Grundlagen

Die testamentarische Erbfolge ist im Wills Act (WA). Ergänzend gelten die Regeln des common-law.

Wirksamkeit eines Testaments der Form nach

Kein Testament ist wirksam, wenn es nicht schriftlich errichtet wurde, Sec. 6(2) WA. Das Testament muss am Fuß oder am Ende unterschrieben werden

  • durch den Testator oder
  • eine andere Person in seiner Gegenwart und auf seine Weisung, Sec. 6(2) WA. 

Die Unterschrift bzw. Anerkennung der Unterschrift muss in gleichzeitiger Anwesenheit von 2 oder mehr  Zeugen erfolgen und die Zeugen müssen in Anwesenheit des Testators unterschreiben, Sec. 6(2) WA. Weiterer Förmlichkeiten bedarf es zur Wirksamkeit nicht, Sec. 6(2) WA. 

Ist der Zeuge oder deren Ehegatte Begünstigter der letztwilligen Verfügung, ist die Verfügung bezüglich des Erbanteils der Zeugen unwirksam, Sec. 10 WA.

Anerkennung von nach dem Recht eines anderen Staates errichteten Testaments der Form nach

Nach Art. 5 Wills Act ist ein Testament formgültig, wenn es der Form des (Sach-) Rechts

  • des Errichtungsortes,  auch wenn der Erblasser nur zeitweise dort aufhielt, oder
  • des Domizils zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments oder
  • des Domizils zum Zeitpunkt des Todes oder
  • des gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments oder
  • des gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes oder
  • des Staates der Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments oder
  • des Staates der Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes.

Zulässiger Inhalt des Testaments

Das Erbrecht von Singapur ist vom Prinzip der Testierfreiheit bestimmt, d.h. der Erblasser ist im Grundsatz in der Gestaltung seines Testaments frei. Er kann z.B. anordnen,

  • wer einen bestimmten Vermögensgegenstand erhalten soll (specific legacy),
  • wer den Restnachlass erhalten soll (residuary legacy),
  • wer Nachlassverwalter sein soll (executor),
  • eine bestimmte Person für den Erblasser einen Begünstigten bestimmen kann (power of appointment) oder
  • ein Treuhänder (trustee) das Vermögen für einen Begünstigten verwalten soll (testamentary trust). 

Testierunfähigkeit

Das Testament einer Person unter 21. ist unwirksam, Sec. 4 WA. Testierfähigkeit setzt ferner voraus

  • der Testator muss die Natur des Rechtsgeschäfts und was die Folgen sind verstehen;
  • er muss den Umfang des Vermögens, über welches er verfügt, verstehen;
  • er muss wissen, wer seine Begünstigten sind und ihre Berechtigung am Nachlass einschätzen können und
  • er muss frei von krankhafter Störung der Geistestätigkeit (z.B. Wahnvorstellungen) sein, die die Gefühle oder die Entscheidungsfähigkeit stören können, welche für ein Testament erheblich sind.[1]

Täuschung und unzulässige Beeinflussung

Unwirksam ist ein Testament, welches unter dem Einfluss von unzulässiger Beeinflussung (undue influence) oder Täuschung (fraud) errichtet wurde.

Gemeinschaftliche und wechselbezügliche Testamente 

Zulässig (aber eher unüblich) ist es, dass 2 (oder mehr) Personen auf einem Dokument ein Testament errichten (joint will). 

Wenn sich zwei Personen in einem gemeinschaftlichen Testament (joint will) oder Einzeltestamenten (single will) gegenseitig begünstigen oder vereinbaren, dass ein Dritter begünstigt sein soll, wird von einem wechselbezüglichen Testament (mutual will) gesprochen. Voraussetzung für ein solches wechselbezügliches Testament ist der Wille der Testatoren, dass

  • der Nachlass in einer bestimmten Art und Weise verteilt wird und
  • die letztwilligen Verfügungen nicht einseitig widerrufen werden können.[2]

Erklärt ein Testator gleichwohl den Widerruf seiner Verfügungen, so können die Begünstigten des mutual will gleichwohl Herausgabe des Nachlasses nach den Regeln des Billigkeitsrechts (equity) verlangen. 


[1] Banks v Goodfellow (1870) LR 5 QB 549; Chee Mu Lin Muriel v Chee Ka Lin Caroline [2010] 4 SLR 373 ("Muriel Chee"). 

[2] G Raman, Probate and Administration in Singapore and Malaysia (LexisNexis, 3rd Ed, 2012) at p 36)


Jan-Hendrik Frank

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