Einführung und Rechtsgrundlagen
Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Erbrechts haben die US-Bundesstaaten. Es gibt auch kein federal common law, sondern nur das common-law des jeweiligen Bundesstaates.[1] Die einzelnen US-Bundesstaaten haben ihr Erbrecht alle umfassend kodifiziert. Obwohl - mit Ausnahme von Louisiana - dabei alle auf dem common-law aufbauen, gibt es dabei zum Teil ganz erhebliche Unterschiede. Nachfolgende Darstellung orientiert sich am Uniform Probate Code (UPC), einem Muster-Gesetz, das die Uniform Law Commission erarbeitet hat und in Alaska, Arizona, Colorado, Hawaii, Idaho, Maine, Massachusetts, Michigan, Minnesota, Montana, Nebraska, New Jersey, New Mexico, North Dakota, South Carolina, South Dakota, U.S. Virgin Islands und Utah (teilweise) in verschiedenen Versionen umgesetzt wurde.
Testamentarische Erbfolge
Nach dem Erbrecht der USA ist der Erblasser im Grundsatz in der Gestaltung seines Testaments frei (Prinzip der Testierfreiheit). Im Hinblick auf die Wirksamkeit eines Testaments sind allerdings die gesetzlichen Anforderungen zu beachten.
Testierfähigkeit
Die Wirksame Errichtung eines Testaments nach dem Erbrecht der USA setzt voraus, dass der Testator testierfähig war. Testierfähig ist, wer über 18 Jahre ist oder für Volljährig erklärt wurde und in vollem Besitz seiner Geisteskräfte ist, § 2-501 UPC.
Form des Testaments
Nach dem Erbrecht der USA kann ein Testament in der Form eines Zwei-Zeugen-Testaments errichtet werden, § 2-502 UPC. Ein Testament ist auch ohne Zeugen wirksam, wenn es in den wesentlichen Abschnitten handschriftlich vom Testator verfasst wurde und vom Testator unterschrieben wurde, § 2-502 (3) (b) UPC. Unwesentliche Fehler machen das Testament nicht unwirksam, § 2-503 UPC.
Ein ausländisches, schriftliches Testament ist wirksam, wenn es in Übereinstimmung mit § 2‑502 oder 2‑503 UPC errichtet wurde oder es im Zeitpunkt der Errichtung nach dem Recht des Staates, wo es errichtet wurde (Errichtungsstaat), wo das Domizil (domicile) des Erblassers oder sein ständiger Aufenthaltes (abode) oder dessen Staatsangehöriger (national) er war wirksam errichtet wurde, § 2-506 UPC.
Widerruf des Testaments
Ein Testament oder ein Zusatz zum Testament (codicil) oder jeder Teil davon wird nach dem Erbrecht der USA wie folgt widerrufen:
- durch ein nachfolgendes Testament, welches das vorgehende Testament widerruft oder teilweise ausdrücklich oder durch Widersprüchlichkeit widerruft;
- durch eine Widerrufshandlung (z.B. Zerstörung des Testaments), welche mit Aufhebungswillen erfolgte, § 2-507 UPC.
Der Widerruf eines widerrufenen Testamentes führt nur dazu, dass das Testament, das durch den ersten Widerruf widerrufen wurde, wieder auflebt, wenn es wiederbelebt wird, § 2-509 UPC. Dies ist z.B. der Fall, wenn aus den Umständen des Widerrufs hervorgeht, dass ein Wiederaufleben gewollt war.
Gesetzliche Erbfolge
Eintritt der gesetzlichen Erbfolge
Gibt es kein (wirksames) Testament, wird der Erblasser nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge beerbt, § 2-101 UPC.
Gesetzliches Erbrecht des überlebenden Ehegatten
Der überlebende Ehegatte hat nach dem Erbrecht der USA einen Anspruch auf den gesetzlichen Erbteil. Voraussetzung für das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten ist eine rechtsgültige Ehe. Zum Nachweis ist eine Urkunde über die Eheschließung (marriage license) vorzulegen. Endet die Ehe durch Scheidung, gibt es kein gesetzliches Erbrecht. Vor Rechtskraft des Scheidungsurteils bleibt es aber beim gesetzlichen Erbrecht des Ehegatten.
Wir der Erblasser nicht von Abkömmlingen oder Vorfahren überlebt, erbt der überlebende Ehegatte allein, § 2-102 (i) UPC. Gibt es Abkömmlinge, welche auch Abkömmlinge des überlebenden Ehegatten sind, erbt der Ehegatte allein, § 2-102 (ii) UPC.
Gesetzlicher Erbrecht der Verwandten
Der Erbteil, den nicht der überlebende Ehegatte nach § 2-102 UPC erhält, oder im Fall, dass es keinen Ehegatten gibt, der gesamte Nachlass, geht wie folgt über:
- auf die direkten Abkömmlinge des Erblasser.
- Wenn es keine direkten Abkömmlinge gibt, auf den Vater und die Mutter des Erblasser zu gleichen Teilen oder einen überlebenden von ihnen.
- Wenn es keine der vorgehenden Personen gibt, auf die Abkömmlinge der Eltern.
- wenn es keine der vorgehenden Personen gibt, wird der Nachlass geteilt, wobei 1/2 den Verwandten väterlicherseits und 1/2 den Verwandten mütterlicherseits in folgender Reihenfolge anfällt: (a)Großvater und Großmutter zu gleichen Teilen oder dem Überlebenden von ihnen. (b) Sind keine Großeltern vorhanden, die Onkel und Tanten und deren Abkömmlinge.(c) Gibt es keine Verwandten der mütterlichen Seite oder der väterlichen Seite, geht der Anteil auf die anderen Seite über, wobei obige Reihenfolge zu beachten ist.
Gesetzliche Rechte des Ehegatten und der Kinder
Wie bereits erwähnt ist das Erbrecht der USA vom Grundsatz der Testierfreiheit beherrscht. Einen Pflichtteil gibt es im Grundsatz nicht. Der überlebende Ehegatte und die abhängigen Kinder haben aber für den Fall, dass sie nicht ausreichend bedacht wurden, unter Umständen bestimmte Rechte:
Der Wahlanteil des überlebenden Ehegatten
Der überlebende Ehegatte kann den Wahlanteil am Nachlass des Erblassers verlangen, § 2-202 UPC. Der Wahlanteil hängt von der Dauer der Ehe ab. Der betreffende Nachlass (elective estate) umfasst
- der dem Probate Verfahren unterliegende Netto-Nachlass, § 2-204 UPC.
- Der Anteil des Erblasser an Vermögensgegenständen, welche außerhalb des Nachlasses dritten Personen zufallen, § 2-205 UPC.
- Der Anteil des Erblasser an Vermögensgegenständen, welche außerhalb des Nachlasses an den Ehegatten übergehen, § 2-206 UPC.
- Vermögen, welches der überlebendem Ehegatten gemeinsam mit dem Erblasser gehörte, § 2-207 UPC
Der Wahlanteil muss nach dem Erbrecht der USA spätestens nach 9 Monaten nach dem Tod des Erblassers oder 6 Monaten nach dem Probate beantragt werden, § 2-211 UPC. Auf Antrag kann die Frist verlängert werden.
Anfechtungsrecht der übergangenen Erben
Hat der Erblasser nach Errichtung des Testaments geheiratet und wird er vom Ehegatten überlebt, erhält der überlebende Ehegatte einen Betrag in Höhe des gesetzlichen Erbteils, wenn nicht
- eine anderweitige Regelung oder Verzicht durch Ehevertrag (prenupial oder postnuptial agreement) erfolgt ist;
- der Ehegatte in dem Testament bedacht wurde;
- sich aus dem Testament ergibt, dass der Erblasser nicht die Absicht hatte dem Ehegatten etwas zuzuwenden, § 2-301 UPC (omitted spouse oder pretermitted spouse).
Entsprechendes gilt für Kinder, welche nach Errichtung des Testaments geboren oder adoptiert wurde, § 2-302 UPC.
Familienheim
Der überlebende Ehegatte erhält für das Familienheim einen Freibetrag (homestead allowance) in Höhe von $22.500,--, § 2-402 UPC (2008). Dieser „Freibetrag“ geht unmittelbar auf den Ehegatten über.
In einigen US-Bundesstaaten, in denen das Familienheim durch die Verfassung ein besonderer Schutz für das Familienheim verankert ist (z.B. Florida), gibt es weitergehende Rechte des Ehegatten, welche zu berücksichtigen sind, § 2-402 A UPC.
Voraus
Zusätzlich zu den homestead allowance erhält der überlebende Ehegatte als Voraus (exempt property) für die Haushaltsgegenstände $15.000,--, § 2-403 UPC (2008). Wird der Erblasser nicht von einem Ehegatten überlebt, treten an seine Stelle die Kinder.
Unterhaltsanspruch nach dem Tod
Zusätzlich zu dem ausgenommenen Vermögen und dem Voraus erhalten der überlebende Ehegatte und die abhängigen Kinder postmortalen Unterhalt (family allowance), § 2-404 UPC.
[1] Erie Railroad Co. v. Tompkins, 304 U.S. 64 (1938).