Internationales Erbrecht (IPR) Neuseeland

Neuseeland

Quellen

Internationale Übereinkommen und Staatsverträge

Neuseeland ist dem Haager Übereinkommen von 1961 über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht nicht beigetreten. 

Nationales IPR

Common law,  Wills Act 2007Wills Amendment Act 1955Domicile Act 1976

Nachlassspaltung

Das Internationale Privatrecht  (conflict of laws oder private international law) von Neuseeland unterscheidet im Hinblick auf alle Fragen, die der Rechtsnachfolge von Todes wegen (succession) zuzuordnen sind, zwischen

  • dem beweglichen Nachlass (movables) und
  • unbeweglichem Nachlass (immovables). 

Dies wird als Nachlassspaltung (scission) bezeichnet. 

Fragen der Nachlassverwaltung (administration of estates) richten sich nach der lex fori.

Beweglicher Nachlass

Grundsatz

Nach dem IPR von Neuseeland, gilt im Grundsatz das Recht des letzten Domizil (domicile) des Erblassers.[1] Das Domizil wird nach den Regeln des Domicile Act 1976 bestimmt. 

Testierfähigkeit

Maßgeblich betreffend die Testierfähigkeit (capacity) ist das Recht des Domizils des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes. Teilweise wird aber auch vertreten, dass es auf den Zeitpunkt der Testamentserrichtung ankommt.

Formelle Wirksamkeit des Testaments

Nach Sec. 14 des Wills Amendment Act 1955 wird ein außerhalb Neuseelands errichtetes Testament im Hinblick auf das bewegliche Vermögen der Form nach in Neuseeland anerkannt, wenn es 

  1. dem Recht des Domizils des Testators zur Zeit seines Todes, 
  2. dem Recht des Errichtungsortes, 
  3. dem Recht des Domizils des Testators zur Zeit der Errichtung oder
  4. dem Recht des Ortes, wo der Testator zur Zeit der Errichtung sein Ursprungs-Domizil (domicile of origin) hatte, 

entspricht. 

Materielle Wirksamkeit des Testaments

Fragen der materiellen Wirksamkeit (essential validity) einer Verfügung von Todes wegen richten sich nach dem Recht des Domizils des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes.[2] Beispiele von Fragen der materiellen Wirksamkeit sind die Verfügungsbeschränkung durch Noterbrecht, die Wirksamkeit einer Schenkung zu Gunsten eines Zeugen bei Testamentserrichtung, Unwirksamkeit wegen Zwang oder Täuschung (duress and undue influence) und die Frage, ob der Begünstigte ein Wahlrecht hat (election).

Auslegung einer letztwilligen Verfügung

Im Grundsatz gilt betreffend die Auslegung  (construction) das Domizilrecht des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.

Unbeweglicher Nachlass

Grundsatz

Nach common-law Pinzipien ist bei unbeweglichem Vermögen im Grundsatz die lex rei sitae maßgeblich.[3]

Testierfähigkeit

Nach allgemeiner Auffassung kommt es betreffend die Testierfähigkeit (capacity) auf die lex rei sitae im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments an.

Materielle Wirksamkeit des Testaments

Fragen der materiellen Wirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen (essential validity) richten sich uneingeschränkt nach der lex rei sitae.

Auslegung einer letztwilligen Verfügung

Es ist zu prüfen, was der wahre Wille des Testierenden war. Da der Testierende am stärksten mit dem Recht des Domizils vertraut ist, spricht eine Vermutung dafür, dass eine Auslegung nach dem Recht des Domizilrechts des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung seinen Willen am besten zur Geltung bringt. Erklärt der Erblasser z.B., dass „seine Erben“ ein Grundstück erhalten sollen, so spricht Alles dafür, dass dies die Personen sein sollen, die nach dem Recht seines Domizils bei gesetzlicher Erbfolge erben würden. Allerdings kann sich aus dem Inhalt des Testaments oder anderen Umständen auch Anderes ergeben. Verstößt das Ergebnis der Auslegung nach neuseeländischem Recht gegen das Recht des Belegenheitsstaates, geht allerdings die lex rei sitae vor

Rück- und Weiterverweisung

Bisher nicht geklärt ist, ob Neuseeland die „Foreign Court Theory“ anwendet.[4] 


[1] Harrison v Harrison (1928) NZLR 668; Re Ah Chong (1913) 33 NZLR 384.

[2] Re Annesley [1926] 1 Ch 692 (Ch); Re Ross [1930] 1 Ch 377 (Ch).

[3] Re Butchart (1932) NZLR 125; Re Donnelly (1927) 28 SR (NSW) 34; Re Osborne (1928) St R (Qd) 129. 

[4] Zum Stand der Diskussion: Rina See, Through the Looking Glass: Renvoi in the New Zealand Context); obiter Dictum wurde dies in Re Bailey (1985) 2 NZLR 656 (HC) für möglich gehalten. 


Jan-Hendrik Frank


Veit Klinger