In einem ersten Schritt wird durch das Erbrechts-Änderungsgesetz die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) umgesetzt, welche für Erbfälle ab dem 17.08.2015 vollumfänglich anwendbar ist. Kern der EuErbVO ist dabei, dass sich das anzuwendende Recht und die (überwiegende) Gerichtszuständigkeit bei Todesfällen nicht mehr nach der Staatsbürgerschaft des Erblassers, sondern nach seinem letzten „gewöhnlichen Aufenthalt“ bestimmt. Dies kann weit reichende Folgen für Österreicher im Ausland und Ausländer mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich haben. Expats oder Pensionisten, die ihre Arbeitsaufenthalte bzw ihren Lebensabend außerhalb Österreichs verbringen, sind deshalb gut beraten, sich über die erbrechtlichen Gepflogenheiten im Aufenthaltsstaat zu erkundigen und allenfalls die Möglichkeit einer letztwilligen Rechtswahl bezogen auf ihren Heimatstaat in Betracht zu ziehen.
Gleichzeitig findet in einem zweiten, mit 01.01.2017 in Kraft tretenden Schritt, eine tiefgreifende Reform des teilweise bereits mehr als 200 Jahre in Geltung stehenden österreichischen Erbrechts statt. Im österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) und in zahlreichen Nebengesetzen werden dazu eine Reihe sprachlicher Modernisierungen und bedeutsamer inhaltlicher Neuerungen eingeführt. So wird z.B. die Enterbung naher Angehöriger vereinfacht, die rechtliche Position pflegender Angehöriger gestärkt (Einführung des so genannten Pflegevermächtnisses) und das Pflichtteilsrecht eingeschränkt (kein Pflichtteilsrecht der Eltern und weiteren Vorfahren, Stundungs- und Ratenzahlungsmöglichkeiten, Lockerung der Pflichtteilsminderungsvoraussetzungen, neue Verjährungs- und Berechnungsmodalitäten etc). Gestrichen wurde außerdem § 568 ABGB, wonach Pflegschaftsgerichte im Sachwalterschaftsbestellungsbeschluss festlegen können, dass die betroffene Person rechtswirksam nur noch mündlich vor Gericht oder einem Notar testieren darf. Die Formvorschriften für die Gültigkeit fremdhändiger, also vom Verfügenden nicht eigenhändig geschriebener letztwilliger Verfügungen, werden hingegen verschärft. Das Erbrecht des Ehegatten oder eingetragenen Partners verdrängt künftig jenes von Geschwistern oder Großeltern des Erblassers. Unter bestimmten Umständen wird Lebensgefährten ein außerordentliches Erbrecht eingeräumt, das jenem von Vermächtnisnehmern und dem so genannten Heimfallsrecht bei erbloser Verlassenschaft (Aneignung durch den Bund) vorgehen wird.