Internationales Erbrecht (IPR) - Spanien

Spanien

Rechtsgrundlagen

Haager Übereinkommen von 1961 über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende RechtCodigo Civil (CC) 

Erbstatut für Erbfälle bis zum 17. August 2015

Grundsatz

Das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende materielle Erbrecht (Erbstatut) wird im Grundsatz nach 9 Ziff. 8 CC bestimmt. Danach ist das „Heimatrecht des Erblassers im Zeitpunkt des Todes unabhängig von der Art der Güter und dem Land, in dem sie sich befinden“ anzuwenden.

Das Heimatrecht des Erblassers wird durch die Staatsangehörigkeit des Erblassers bestimmt (Staatsangehörigkeitsprinzip). Da die Art der Güter und das Land, in dem sie sich befinden, nicht unerheblich sind, ist im Grundsatz auf den gesamten Nachlass einheitlich ein Erbrecht anzuwenden (Grundsatz der Nachlasseinheit).

Da Art. 9 Ziff. 8 CC zur Bestimmung des anzuwendenden Erbrechts an die Staatsangehörigkeit anknüpft, ist zunächst die Staatsangehörigkeit des Erblassers festzustellen und oft auch nachzuweisen.
Die Staatsangehörigkeit bestimmt sich nach den Gesetzen des Staates, um dessen Angehörigkeit es geht. Für die spanische Staatsangehörigkeit sind die Bestimmungen im 1. Buch, Titel I (über die Spanier und die Ausländer) geregelt.

Im Falle der doppelten Staatsangehörigkeit ist – sofern staatsvertragliche Regelungen nichts anderes vorsehen - das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes Vorrang, Art. 9 Ziff. 9 CC.

War der letzte gewöhnliche Aufenthalt nicht auf dem Gebiet eines der Staaten, deren Staatsangehörigkeit der Erblasser hatte, ist das Recht der zuletzt erworbenen Staatsangehörigkeit maßgeblich.

Hatte der Erblasser auch  die spanische Staatsangehörigkeit, so geht diese vor, Art 9 Ziff.  9 Satz 2 CC).

Bei Staatenlosen oder Personen mit unbestimmter Staatsangehörigkeit ist das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers maßgeblich, Art 9 Ziff. 10 CC.

Zugehörigkeit zu einem Mehrrechtsstaat

War der Erblasser Staatsangehöriger eines Staates mit mehreren Teilrechtsordnungen, so  bestimmt das Recht dieses Staates, welche Teilrechtsordnung anzuwenden ist, Art. 10. Ziff. 5 CC. Fehlt eine solche Regelung, so ist die Teilrechtsordnung anzuwenden, mit welcher der Sachverhalt am engsten verbunden ist.

Weiter- und Rückverweisung

Nach Art. 12 Ziff. 2 CC bezieht sich der Verweis auf das Recht eines anderen Staates auf dessen Sachnormen unter Ausschluss des internationalen Privatrechts („Sachnormverweisung“) und eine Weiterverweisung durch Normen des ausländischen IPR ist ausdrücklich ausgeschlossen. Nach Art. 12 Ziff. 2 CC wird allerdings eine Rückverweisung auf das spanische Recht im Grundsatz angenommen. Nach der Rechtsprechung des obersten spanischen Gerichts kann allerdings ausnahmsweise auch in dem Fall, dass das ausländische Recht auf das spanische Recht zurück verweist, das ausländische Sachrecht anzuwenden sein; zwar sei dies bei bloßer wörtlicher Anwendung des Wortlauts ausgeschlossen. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Rückverweisung eine Harmonisierung des Rechts bezwecke. Ferner sei der Grundsatz der Nachlasseinheit zu berücksichtigen. Letztlich sei bei Rückverweisung auf das spanische Recht das anzuwendende Sachrecht daher immer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Für den Fall, dass das Domicile des Erblassers mit britischer Staatsangehörigkeit England ist, wurde daher einheitlich englisches Erbrecht auch im Hinblick auf in Spanien belegene Immobilien angewandt (ob dies auch für den Fall, dass der Erblasser nicht sein Domicile in England hat, gilt, wurde ausdrücklich offen gelassen).

Ordre Public

Gemäß Art. 12 Ziff. 3 CC findet ein ausländisches Recht keine Anwendung, wenn die Anwendung im Widerspruch zur öffentlichen Ordnung stehen würde. Ein Verstoß gegen den Ordre Public ist der Verstoß gegen einen Grundsatz, der derart bedeutend ist, dass er die gesamte Rechtsordnung prägt und Voraussetzung für das Funktionieren der spanischen Rechtsordnung ist. Ein Verstoß gegen den Ordre Public ist insbesondere anzunehmen, wenn erbrechtliche Bestimmungen eines anderen Staates in Widerspruch zu einem durch die spanische Verfassung verbürgten Freiheitsgrundrecht stehen. Das Fehlen der Widerruflichkeit einer letztwilligen Verfügung ist kein Verstoß gegen den Ordre Public. Die Versagung des Noterbrecht durch das nach den Regeln des spanischen IPR anzuwendenden materiellen Erbrechts eines anderen Staates ist kein Verstoß gegen den ordre public. Auch ein Pflichtteilsverzicht stellt keinen Verstoß gegen den ordre public dar.

Erbstatut für Erbfälle ab dem 17. August 2015

Spanien ist Mitgliedsstaat der am 17. August 2012 in Kraft getretenen EuErbVO und somit bestimmt sich das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Erbrecht im Hinblick auf Personen, die am 17. August 2015 oder danach verstorben sind, nach der EuErbVO (Art. 83 Abs. 1 EuErbVO). Vorwirkungen entfaltet die EuErbVO allerdings im Hinblick auf die Rechtswahl  und die formelle und materielle Wirksamkeit. Internationale Übereinkommen Spaniens gehen den Regeln der EuErbVO vor (vgl. Art. 75 EuErbVO).